Kapilläre Malformationen

Kapilläre-Fehlbildungen sind eher unter den Namen Feuermal, Portweinfleck bekannt. Wie der Name schon sagt, beeinflussen KM die Kapillaren (sehr feine Gefäße, welche die Arteriolen und Venolen verbinden und mit dem Gewebe in Interaktion treten). Die KM zeigt sich in Form eines Flecks von variabler Größe, mit gut definierten Konturen, in unterschiedlichen Farben von hellrosa bis purpurrot. Es besteht aus abnormen, sehr zahlreichen Kapillaren.

Diese KM(Portweinfleck oder Feuermal) werden oft mit dem Naevus flammeus (Säuglingsangiom) oder Nävus Unna (Storchenbiss) verwechselt. Mehr als 50% der Neugeborenen werden in der Tat mit einem roten Fleck im Nackenbereich oder auf der Stirnmitte, zwischen den Augen geboren. Diese Anomalie, allgemein bekannt, je nach Lage, als "Engelskuss" oder "Storchenbiss", ist harmlos und verschwindet in der Regel später im Alter von 2 Jahren, im Gegensatz zur KM, die sich nicht zurückbildet. 

 

Wie ist die Verbreitung in der Bevölkerung? 

Bei Menschen indoeuropäischer Abstammung (mit heller Haut) werden 0,3 bis 0,5% der Kinder mit einer kapillären Malformation (Portweinfleck / Feuermal) geboren. Mädchen und Jungen sind gleichermaßen betroffen. Es handelt sich um  die häufigste Gefäßfehlbildung. 

 

Was ist die Ursache von KM?

Die genaueUrsache ist unbekannt. KM werden durch eine Fehlentwicklung der Kapillaren im embrionalen Stadium verursacht. Die jüngste Forschung deutet auf eine genetische Komponente zur Steuerung der Muskeln der arteriellen Gefäßwände hin. Es gibt keine bekannte Ursache weder in Verbindung mit Medikamenten oder mit Nahrungsmitteln, die während der Schwangerschaft eingenommen wurden, noch mit irgendwelchen Aktivitäten, die in diesem Zeitraum durchgeführt wurden. 

 

Wann erscheinen KM? 

Sie sind immerbei der Geburt vorhanden, können aber erst in den folgenden Tagen sichtbar werden. Da es sich um nicht gewölbte Fehlbildungen handelt, können sie nicht bei einer Ultraschalluntersuchung während der Schwangerschaft festgestellt werden.

 

Wo sind KM lokalisiert?

Sie treten hauptsächlich im Gesichts-, Hals- und Schädelbereich (85% bis 90% der Fälle) auf, können sich aber auch auf anderen Stellen der Körpers befinden. Die kapilläre Fehlbildung (Portweinfleck, Feuermal) kommt in der Regel an einer einzigen Stelle vor. Sie kann sich manchmal über die Hälfte des Körpers erstrecken. 

 

Wie ist ihre Entwicklung?

Bei der Geburtweist die Malformation meist eine rosa Farbe auf. Sie entwickelt sich dann proportional mit dem Wachstum des Kindes und dunkelt mit der Zeit nach. Im Jugendalter kann sie von ausgeprägter roter Farbe sein und dann, im Alter von etwa 30 Jahren, sich in dunkles Weinrot verfärben.

Die Entwicklungvariiert individuell von Mensch zu Mensch. Nicht alle KM verändern sich mit dem Alter, doch viele verschlechtern sich, wenn sie nicht behandelt werden. Die Folgen sind eine Verdickung und Veränderung der Haut (körnige Haut). Dies geschieht manchmal im Alter vor 30 Jahren, aber in der Regel erst ab 30, 40 oder 50 Jahren.  

 

Wann sollte man einen Gefäßspezialisten konsultieren?

Die meistenAngiome (Portweinflecken / Feuermale) sind Anomalien, die nur Auswirkungen auf die Haut haben. Einige können jedoch auf ein ein größeres Problem hinweisen. Zur Überprüfung ist es manchmal notwendig die klinische Untersuchung durch einen Doppler- oder MRT zu ergänzen, um sicher zu gehen, dass bei der kapillären Malformation keine andere tiefere Gefäßanomalie dahinter steckt.

Wenn sich der Portweinflecküber einen Teil der Stirn und/oder über dasobere Augenlid erstreckt, und den Augenbereich oder das Auge direkt betrifft, muss man so schnell wie möglich, den Augeninnendruck des Neugeborenen überprüfen und es von einem Spezialisten für Gefäßanomalien untersuchen lassen. Dies ist um sicherzustellen, dass es sich nicht um ein Sturge-Weber-Syndrom handelt. Das Gleiche gilt, wenn sich der Portweinfleck auf der Wirbelsäule befindet. Auch da geht es darum, andere komplexe Fehlbildungen auszuschließen.

 

Welche möglichen Komplikationen sind zu erwarten?

Neben dem Nachdunklenund der Verdickung der Haut, können manchmal entzündliche Granulome oder Knötchen auftreten und spontane Blutungen verursachen. Wegen der Malformation kann sich das Gewebe verändern und dadurch zu zusätzlichen ästethischen Beeinträchtigungen führen.   

 

Wie weden KM diagnostiziert?  

In der Regel ist eine klinische Untersuchung durch einen Spezialisten, meistens einen Hautarzt, ausreichend. Die kapilläre Fehlbildung ist beim Anfassen weder heiß noch pulsierend. Die Oberfläche ist im Gegensatz zu Hämangiomen flach. Die kapilläre Malformationist nicht schmerzhaft. 

 

Wie behandelt man kapiläre Malformationen (KM)? 

Als Behandlung wird der gepulste Farbstofflaser (Vbeam Perfecta) gewählt, da er das Risiko der Narbenbildung vermindert. Mehrere Sitzungen sind notwendig. Bei einer rezidiven (wiederkehrenden) KM muss in den meisten Fällen diese Behandlung wiederholt werden. Diese ist schmerzhaft, aber dennoch, ohne Narkose erträglich. Einige Ärzte bevorzugen das Kind unter Vollnarkose zu behandeln, während andere mit einer Betäubungscreme arbeiten. Die Laserbehandlung vermindert die Färbung der kapillären Malformation. Die Wirksamkeit dieser Behandlung ist unterschiedlich, wie folgende Statistiken aus der Webseite  birthmarks.com belegen:

Bei 10% bis15% der Patienten verblasst das Angiom von 75% bis 100%

70% bis 80% von ihnen beobachten eine Aufhellung von 25% bis 75%

10% bis 15% beobachten eine Verblassung der Farbe des Angioms von 0% bis 25%.

DerGesichtsbereich spricht auf die Behandlung besser anals auf Rumpf und Gliedmaßen. Andere Faktoren, wie Hautfarbe, Alter, Größe und Tiefe des Angioms sind zu beachten. Die Ärzte haben unterschiedliche Meinungen über die Anwendung der Behandlung im frühen Kindesalter. Es gibt keine Übereinstimmung darüber, dass diese Art von Behandlung die therapeutische Wirksamkeit langfristig verbessert.

 

Komplexe Syndrome, die mit KM in Verbindung stehen 

Wennauch in der überwiegenden Mehrheit der Fälle die kapilläre Malformation (Portweinfleck) isoliert, lokalisiert und stabil auftritt, ist sie manchmal ein Zeichen einer komplexen Angiomatose.

Das Sturge-Weber-Syndrom ist durch eine kapilläre Fehlbildung auf der Stirn, des oberen Augenlids, des Nasenrückens, gekoppelt mit einem Angiom an der Hirnhaut und den Augen gekennzeichnet. Deshalb kann dieses Syndrom zu neurologischen Störungen (Epilepsie) und einem erhöhten Augeninnendruck (Glaukom) führen. Die Anfälle betreffen in der Regel die dem Angiom entgegengesetzte Seite und sind von unterschiedlicher Intensität. Durch die Verabreichung von Antiepileptika können sie kontrolliert werden. Es kann bei demPatienten eine Hemiparese (leichte Lähmung einer Körperhälfte) oder Schwäche dieser Körperhälfte auftreten. Entwicklungsverzögerungen, motorische und kognitive Beeinträchtigungen zählen auch zum Krankheitsbild.

Kinder mit einemSturge-Weber-Syndrom sollten in der Regel von verschiedenen Spezialisten (Kinderärzten, Neurologen, Augenärzten und Dermatologen) überwacht werden. Nicht alle beschriebenen Eigenschaften und Symptome treten immer gemeinsam auf. In seltenen Fällen des Sturge-Weber-Syndromsgibt es keine Spur von einer kapillären Fehlbildung (wie z.B. Portweinfleck / Feuermal) im Gesichtsfeld. Das Sturge-Weber-Syndromist nicht erblich und betrifft 1 Person von 50.000.

Das Klippel-Trenaunay-Syndrom verbindet Riesenwuchs (Hypertrophie) eines Gliedmaßes mit einer kombinierten und komplexen Gefäßfehlbildung. Neben verstreuter oder eingebetteter kapillärer Fehlbildungen, treten bei einem Patienten, der unter einem Klippel-Trenaunay-Syndrom leidet, lymphatische Gefäßveränderungen auf, die Schwellungen (Ödeme), vor allem aber Venenanomalien wie Krampfadern, erweiterte Äderchen oder diffuse Venenfehlbildungen verursachen. Bei 90% der Patienten sind die unteren Gliedmaßen betroffen. Bei einigen typischen Fällen erstreckt es sich von der Hüfte bis zu den Zehen. In Ausnahmefällen ist keine kapilläre Fehlbildung (wie z.B. Feuermal) erkennbar.

Zu den Komplikationen desKlippel-Trenauney-SyndromsgehörenBlutungen, die die inneren Organe betreffen können: Hämaturie (Blut im Urin), rektale Blutungen, vaginale Blutungen. Auch auf betroffenen Gliedmaßen können Blutungen beobachtet werden. Patienten können auch an Anämie und einer Verringerung der Blutplättchen leiden. Es werden dann Eisenergänzungen verabreicht. Venöse Thrombosen (Blutgerinnsel) sind häufig. Zellulitis (Hautinfektion) kann auch zu einem Problem werden. Die Verschreibung von Antibiotika ist manchmal unvermeidlich.

Schließlichbehindert die Hypertrophie oft die Funktionalität und Mobilität der betroffenen Gliedmaßen. Ein großes Problem ist auch der Schmerz. Das Tragen einer Kompressionskleidung (elastische Kompressen in Form von Strümpfen oder Bandagen) wird angeraten. Einige Patienten werden mit Sklerotherapie (Injektion von Verödungsmittel) behandelt, um eine Gerinnung des venösen Blutes zu erreichen. Die Entfernung der Vene, was früher eine übliche Behandlung war, wird heutzutage weniger durchgeführt. Jede Operation dieser Art sollten mit großer Vorsicht betrachtet werden. Im Falle von schwerer Hypertrophie sind eine Zehenamputation und Verkürzung der Gliedmaßen durch einen chirurgischenn Eingriff selten, können aber notwendig werden.

Das Parkes-Weber-Syndrom zeigt eine diffuse arterio-venöse Malformation auf einem Gliedmaß, das dadurch an Volumen in Länge und Breite zunimmt. Eine zusätzlich existierende kapilläre Fehlbildung kann irreführend sein und zu Fehldiagnosen führen. Die Verlängerung der Gliedmaßen und die Entwicklung von arteriovenösen Shunts sind bei diesem Syndrom schwerwiegend. Wenn der Blutfluss in der arteriovenösen Fehlbildung hoch ist, hat das Herz größere Anstrengungen zu bewältigen. Dies bedeutet ein höheres Risiko für Herzversagen.

Das Cobb-Syndrom wird durch eine metamere KM (oder arteriovenöse Fehlbildung) gekennzeichnet, die den Brust- oder Halsbereich, die oberen Extremitäten auf zervikaler Ebene (Halswirbel) oder die unteren Extremitäten auf der lumbosakralen Ebenebetrifft. Hinzu kommt eine Gefäßmissbildung im Rückenmark in den gleichen Metamern (Körpersegmenten). Die damit möglichen Komplikationen sind: vergrößerte Gliedmaßen, Geschwüre, Sensibilitätsstörungen, neurogene Blase (Blasenentleerungsstörung) und motorische Symptome. Diese treten in der Regel während der Kindheit auf.

Das Proteus-Syndrom ist durch einen asymmetrischen Riesenwuchs, eine Skoliose, eine zerebriforme (gekerbte) plantare Hyperplasie (übermäßiges Wachstum der Hand- und Fußflächen) und gutartiger Tumoren (wie Hamartome, insbesondere Lipome) gekennzeichnet. Es tritt oft in Verbindung mit verschiedenen Gefäßanomalien (kapillären, venösen oder lymphatischen) auf.